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Privatwissenschaftliches Archiv
Bienenkunde, Landau/Pf. |
Eine neue Bedrohung für Bienenvölker?
- Einwirkungen hochfrequenter elektromagnetischer Felder
auf Bienenvölker -
von Jochen Kuhn und Hermann Stever
In den
vergangenen Jahrzehnten nahm die öffentliche Diskussion über die Bedeutung
von Elektrosmog als - möglicherweise negative - Einwirkung
niederfrequenter elektrischer und magnetischer Felder auf den
menschlichen Organismus, aber auch auf das Verhalten von Bienen immer mehr
zu. Für elektrische Felder gibt es bis heute in der Physik und speziell in
der Bienenwissenschaft eine Reihe von Untersuchungen, die speziell ein
verändertes Verhalten von Bienenvölkern im Einflussbereich dieser Felder
beschreiben. Eine Zusammenfassung der literaturbekannten Ergebnisse
sowie ein umfangreiches Literaturverzeichnis dazu sind in [7] publiziert.
In den letzten
Jahren weitete sich die öffentliche Debatte über mögliche Nebenwirkungen
elektromagnetischer Felder auf den hochfrequenten (HF) Feldbereich
(z.B. Radio-, Fernseh-, Radar-, Funk- oder Handyfelder) aus, was u. a. auf
die rasche Verbreitung mobiler Funktelefone (sog. "Handys") in jüngster
Vergangenheit zurückgeführt werden kann. Dabei werden mehr und mehr die
Einwirkungen der damit verbundenen Strahlung (ebenfalls unter dem Schlagwort
"Elektrosmog") auf den Menschen diskutiert, wobei die
wissenschaftliche Forschung bisher nur mäßige Erfolge erzielen konnte.
Obwohl in den letzten Jahren vermehrt wissenschaftliche Studien initiiert
und durchgeführt wurden, die die Einwirkung der Hochfrequenzstrahlung auf
lebende Organismen und Zellen untersuchten, fehlen bis heute adäquate
Einwirkungsmodelle, mit denen die verschiedensten Effekte (v.a. im
nicht-thermischen Bereich wie z.B. die resonante Erregung lebender
Organismen, Anm. 1) erklärt werden können.
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Anm. 1:
Unter resonanter
Erregung versteht man das Mitschwingen des erregten Objekts im Takt
der Erregung. Man denke beispielsweise an das Anstoßen einer Schaukel:
In Abhängigkeit von der Seillänge und der Masse des Menschen kann die
Schaukel ohne großen Kraftaufwand in Schwingung versetzt und zu sehr
großen Auslenkungen angeregt werden. Genauso verhält es sich mit der
resonanten Erregung lebender Organismen bzw. ihrer Bestandteile: Je
nach Größe der Organismen lassen sie sich durch ganz bestimmte
Frequenzen ohne großen Energieaufwand in Schwingungen versetzen, die
große Auslenkungen zur Folge haben. |
Für die
entsprechenden Fragen im Fall von Imkerei, Bienenhaltung und Bienenkunde
steht nach unseren bisherigen Analysen den vielen Studien z.B. über das
Bienenverhalten im Bereich von Hochspannungsleitungen bis heute keine
Untersuchung über die Beeinflussung des Bienenverhaltens im hochfrequenten
elektromagnetischen Feld gegenüber. Und dies, obwohl diese Felder
allgegenwärtig sind und ständig zunehmen.
Diese Tatsache
ist aus mehreren Gründen unverständlich. Zunächst sollte für Imkerei,
Bienenhaltung und Bienenkunde der Schutz der Bienen vor neuen Gefahren im
Vordergrund stehen. Zudem muss unser besonderes Augenmerk zwei Funktionen
gelten, welche mit der Biene verknüpft sind:
| - |
Ihre Funktion als erprobter,
gut interpretierbarer Bioindikator (beispielsweise beim Transfer
radioaktiver Stoffe in diesbezüglich belasteten Gebieten , vgl. [6]) und |
| - |
ihre neuerlich erkannte
Funktion als Modelllebewesen für die Einwirkung elektromagnetischer
HF-Felder auf uns Menschen selbst. |
Letzteres
resultiert aus Untersuchungsergebnissen, welche erkennen lassen, dass die
assoziative Gehirnstruktur der Bienen der des Menschen sehr ähnelt (vgl. [9]
und [10], S. 79-125). Während über das latente Lernverhalten (z.B.
Raumorientierung, Tanzverhalten) unter diesem Aspekt noch wenig bekannt ist,
weiß man über das assoziative Lernen bereits sehr gut Bescheid: Das
Bienengedächtnis durchläuft sequentielle Phasen, die sich hinsichtlich ihrer
Störanfälligkeit und der Beteiligung verschiedener Regionen im Gehirn
unterscheiden. Dabei bestimmen die starken nicht assoziativen Komponenten,
die vom unkonditionierten Stimulus (Zuckerlösung) ausgehen und vorwiegend in
den Antennalloben lokalisiert sind, die früheste Gedächtnisphase. Diese
assoziativen Gedächtnisphasen unterscheiden sich in ihrer Empfindlichkeit
für die das Gedächtnis schwächende (amnestische) Einwirkungen und in der
Rolle, die wiederholte Lernakte spielen. Zusammenfassend zeigen die
Ergebnisse, dass sich Honigbienen ausgezeichnet für Experimente eignen, die
zur Aufklärung der neuronalen Grundlagen des Lernens und des Gedächtnisses
dienen. Damit bieten sich Bienenvölker unter geeignet zu konstruierenden
Voraussetzungen als Bioindikator zur Untersuchung der Einwirkung
hochfrequenter elektromagnetischer Felder auf den Menschen an. Aus
geeigneten Beobachtungen bei Bienenvölker könnten entsprechende
Erklärungsmodelle für die Einwirkung von elektromagnetischen HF-Feldern auf
den Menschen entwickelt werden. Gleichzeitig ermöglichen die hierbei
erzielten Ergebnisse einen wirkungsvollen Schutz der Bienenvölker vor der
Einwirkung solcher Felder.
Dieser Beitrag
soll eine erste Studie zur Untersuchung der Beeinflussung des
Bienenverhaltens durch hochfrequente elektromagnetische Strahlung unter
verschiedenen Beobachtungsschwerpunkte darstellen. Die beobachteten Effekte
sollen anschließend unter bienenkundlichen und daraus eventuell
ableitbaren humanmedizinischen Aspekten diskutiert werden.
|

Blick auf den Versuchsstand: Im Vordergrund stehen die
Versuchs-, im Hintergrund die Kontrollvölker |
Studiendesign und Beobachtungsschwerpunkte
Wissenschaftliche Studien unterliegen oft institutionellen und
organisatorischen Vorgaben, die die Freiheit bei der Erstellung des
Studiendesigns einschränken.
Zur
Untersuchung der Einwirkung der Hochfrequenzstrahlung musste zunächst ein
Hochfrequenzsender eingerichtet werden, was einer vorherigen Genehmigung
durch die zuständige Behörde, die Regulierungsbehörde für Telekommunikation
und Post (RegTP), bedarf. Aus dieser Genehmigung resultierten folgende
technische Vorgaben:
| 1. |
Die RegTP teilte die Frequenz
f = 27 MHz für den einzurichtenden Sender zu. Die Frequenzbereiche, die
für Studien dieser Art vergeben werden können, sind begrenzt, da viele
Frequenzbänder durch anderweitige öffentliche, private oder aber auch
militärische Anwendungen besetzt sind (z.B. Radio- und Handyfrequenzen,
CB-Funk, Radar usw.) und deshalb durch solche Untersuchungen nicht
gestört werden dürfen. |
| 2. |
Als Sender wurde der
Senderteil eines CB-Funkgerätes mit einer Sendeleistung P = 4 W benutzt,
der ein frequenzmoduliertes Signal abstrahlt. |
| 3. |
|

Die Antenne des Sender ist zwischen den beiden
Versuchsvölkern angeordnet |
Die Antenne des Senders
stellte ein Monopol der Länge l = 30 cm dar, d. h. eine Stabentanne,
ähnlich der eines Autos. Dadurch konnte ein radial-symmetrisches
elektromagnetisches Feld um die Antenne erzeugt werden, dessen
Strahlungsintensität mit zunehmender radialer Entfernung zur Antenne
abnahm. |
Neben diesen
technischen Vorgaben erfordert eine derartige Studie zwei Arten von
Bienenvölkern:
| - |
Versuchsvölker, die in
unmittelbarer Nähe um die Sendeantenne positioniert werden und damit der
Hochfrequenzstrahlung ausgesetzt sind. |
| - |
Kontroll- oder
Vergleichsvölker, die von der Strahlung unbelastet bleiben. |
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Abb.
1: Radial-symmetrisches elektromagnetisches Feld um die
Stabantenne (entlang der z-Achse) mit den beiden sich darin
befindlichen Versuchskästen. |
Für die
Aussagekraft der Studie ist es dringend erforderlich, dass Versuchs- und
Kontrollvölker bis auf die Einwirkung der Hochfrequenzstrahlung in allen
anderen inneren (z.B. gleiche Bienenrasse, ähnliche Volksstärke usw.) und
äußeren Faktoren (z.B. Bienenvolkposition, Ausrichtung, Abstand zum Boden
usw.) übereinstimmen. Jeglicher Einflussfaktor, dem ein Volk ausgesetzt ist,
das andere jedoch nicht, macht es unmöglich, evtl. auftretende Beobachtungen
ausschließlich auf die Beeinflussung durch die Hochfrequenzstrahlung
zurückzuführen. Diese Voraussetzungen wurden weitestgehend geschaffen, indem
vier Bienenvölker (zwei Versuchs- und zwei Kontrollvölker) der Rasse Apis
mellifera carnica mit (standbegatteten) Geschwisterköniginnen aus den
Weiselzellen eines Bienenvolkes aufgebaut wurden. Sie wurden in
unmittelbarer Nähe zueinander in zweizargigen Segeberger-Styroporkästen
positioniert. Dies war möglich, weil die Reichweite des Senders durch die
Stabantenne auf einen kleinen Bereich in der direkten Antennenumgebung
begrenzt wurde. Wäre die Reichweite der Antenne größer, so müssten die
Kontrollvölker vor der Strahlung geschützt werden, was auf einfache Weise
durch Ummantelung der Völker mit Aluminiumfolie und Drahtnetz geschehen kann
(vgl. [8]). Somit konnten die beiden Versuchsvölker in unmittelbarerer Nähe
der Antenne bestrahlt werden, die ca. 5 m entfernten Kontrollvölker
(Standabstand c = 5 m) blieben dagegen strahlungsfrei (vgl. Abb.1).
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Die
beiden Versuchsvölker, in der Mitte steht die Antenne des Senders |

Die
beiden Kontrollvölker |
Die
geometrische Anordnung des Bienenstandes zeigt Abb.2:
Abb. 2: Geometrische Anordnung des Untersuchungs-Bienenstandes
(Rückansicht)
Entsprechend
Abb.2 wurden sowohl die Versuchs- als auch die Kontrollvölker auf
einem Bienenstand positioniert, dessen Boden aus zwei Holzpaletten bestand,
die durch Holzpfähle in einer Höhe von 20 cm über dem Erdboden (Bodenabstand
b = 20 cm) angebracht wurden. Der Volkabstand a betrug bei Versuchs- und
Kontrollvölker 18 cm, wobei die Stabantenne in der Mitte zwischen den
Versuchsvölkern (Abstand: 9 cm zu jedem Versuchsvolk) auf den Holzpaletten
angebracht wurde.
|
Anm. 2:
Die
Messwerterfassung erfolgte mit breitbandigen, isotropen Feldsonden der
Firma Wandel & Goltermann (EMR-300) in Kooperation mit der
Technologietransferstelle EMV und EMVU der Universität Kaiserslautern
(Lehrstuhl für Hochspannungstechnik und EMV). |
Diese Anordnung
hatte zur Folge, dass an den dem Sender zugewandten
Segeberger-Styroporbeutenwänden von V1 und V2 eine elektrische Feldstärke E
= 60 V/m auftat (Anm. 2).
Die
Studiendauer wurde auf 18 Monate angesetzt (Studienbeginn: 01.09.2000), um
die während des ersten Bienenjahres gemachten Beobachtungen im zweiten Jahr
überprüfen zu können.
Beobachtungsschwerpunkte der Studie waren und sind
|
i. |
das Bienenverhalten im
Allgemeinen (z.B. Aggressivität, Orientierungsverhalten), |
|
ii. |
das Bienenverhalten im Winter
(Bildung der Wintertraube), |
|
iii. |
das Bienenverhalten im Sommer
(Schwarmverhalten), |
|
iv. |
die Bautätigkeit, |
|
v. |
die Volksstärke, |
|
vi. |
der Honigeintrag, |
|
vii. |
die Varroatose. |
Studienauswertung (vorläufige Beobachtungsergebnisse)
Die
Beobachtungsergebnisse (Stand: Oktober 2001) beinhalten ausschließlich die
in der ersten Phase der Studie gemachten Beobachtungen, die im zweiten
Studienabschnitt noch zu prüfen sind. Entsprechend den o. g. Schwerpunkten
konnten folgende Ergebnisse festgestellt werden:
|
zu i. |
Es wurde keine Beeinflussung
des allgemeinen Bienenverhaltens festgestellt. Die Versuchsvölker
zeigten weder eine erhöhte Aggressivität noch ein signifikant
unterschiedliches Orientierungsverhalten (z. B. Fehlorientierung bei
der Futtersuche). |
|
zu ii. |
Bei den Versuchsvölkern
konnte nur eine eingeschränkte Wintertraubenbildung festgestellt werden,
obwohl die Kontrollvölker witterungsabhängig typisches Verhalten
aufwiesen. Dieser Sachverhalt weist auf einen deutlich wahrnehmbaren
Unterschied in der Wintertraubenbildung hin, was auf die thermische
Einwirkung des Senders zurückgeführt werden kann. Infolge der doch
relativ großen elektrischen Feldstärke an den Styroporwänden der
Versuchsvölker findet innerhalb der Versuchsbeuten eine Umwandlung der
Strahlungsenergie des elektromagnetischen Feldes in Wärmeenergie statt.
|
Anm. 3:
Eine ausführliche
rechnerische Abschätzung dieses Zusammenhangs wird im Rahmen einer
Dissertation am Institut für Physik der Universität
Koblenz-Landau/Abt. Landau vom Verfasser vorgelegt, die im Jahr 2002
abgeschlossen ist. Infolge der großen Anzahl schwer zu erfassender
Einflussfaktoren wird jedoch zusätzlich die Erstellung eines
Messdesigns empfohlen, das die Temperaturverteilung innerhalb der
Bienenbeute flächendeckend direkt messtechnisch erfasst und so die
Unsicherheiten infolge der Einflussfaktoren weitestgehend umgeht. |
Infolge der komplexen
Zusammensetzung der Materialien innerhalb eines Bienenvolkes (Wachs,
Honig, Pollen, Holzrähmchen mit Drahtung usw.), der fehlenden Kenntnis
über die Anteile der einzelnen Materialien sowie der Dynamik innerhalb
des Bienenvolkes kann nur eine Abschätzung über das Ausmaß der Erwärmung
der Wintertraube getroffen werden. Unter Verwendung thermodynamischer
Beziehungen wird das Bienenvolk durch Bestrahlung mit dem Sender im
Mittel um etwa 4 °C erwärmt, was zur Auflösung der Wintertraube führt,
die ja zur Temperaturregulation dient. Allerdings konnte die in der
Literatur oft damit verbundene Schwächung oder Schädigung der Völker
nicht bestätigt werden. Im Gegenteil: Die Versuchsvölker zeigten im
Frühjahr eine große Volksstärke ohne erkennbare Schädigung trotz
lockerer Wintertraubenbildung.
|

Die
Wintertraubenbildung eines der beiden Versuchsvölker |

Die
Wintertraubenbildung eines der beiden Kontrollvölker |
Die Zusammenhänge der
Temperaturänderung durch die Hochfrequenzstrahlung sind physikalisch
zwar elementar, wegen der o. g. Einflussfaktoren und der Geometrie des
Bienenkastens jedoch nicht trivial, so dass deren Darlegung den Rahmen
dieses Artikels sprengen würde (Anm. 3). |
|
zu iii. |
Während des Sommers zeigten
die Versuchsvölker einen deutlich höheren Schwarmtrieb als die
Kontrollvölker. Dies zeigte sich v.a. durch die ununterbrochene Bildung
von Schwarmzellen (Weiselzellen) bis in den Monat September hinein.
Dagegen war bei den Kontrollvölkern bei gleicher Betriebsweise keinerlei
Schwarmtriebigkeit zu erkennen. |
|
zu iv. |
Es konnte keine veränderte
Bautätigkeit bei den Versuchsvölkern festgestellt werden. Alle vier
Völker bauten eingebrachte Mittelwände und leere Rähmchen in gleicher
Anzahl und gleichförmig aus. |
|
zu v. |
Ebenso zeigten die
Versuchsvölker keine Abnormitäten in der Volksstärke. Sie waren trotz
des erhöhten Schwarmtriebs durchgehend stark besetzt, und obwohl V2
öfter geschwärmt ist und demzufolge dessen Volksstärke zeitweise abnahm,
erholte es sich binnen kürzester Zeit wieder. |
|
zu vi. |
Es konnten auch keine
wesentlichen Unterschiede im Honigeintrag festgestellt werden. Alle vier
Völker trugen ungefähr die gleiche Menge an Honig ein. |
|
zu vii. |
Durch die gleichzeitige
Behandlung aller vier Völker mit Ameisensäure wurde die Varroa bekämpft.
Dies hatte während der ersten Behandlungsphase im Herbst 2000 (kurz nach
Studienbeginn) einen im Vergleich zu den Kontrollvölkern deutlich
stärkeren Varroa-Abfall bei den Versuchsvölkern zur Folge.
|
Anm. 4:
Bei beiden
Versuchsvölkern fielen bei wöchentlicher Behandlung mit 80 ml
Ameisensäure nach jedem Behandlungszyklus durchschnittlich jeweils
50-80 Milben ab. Dagegen waren zeitgleich bei gleicher Betriebsweise
bei den Kontrollvölkern ein Varroa-Abfall von durchschnittlich
jeweils 350-400 Milben zu beobachten. |
In der zweiten
Behandlungsphase im Herbst 2001 (also nach einjähriger Bestrahlung)
betrug die Anzahl der abgefallenen Varroa bei den Versuchsvölkern
durchgehend weniger als 25% (Anm. 4). Somit konnte ein deutlich
geringerer Varroa-Befall bei den Versuchsvölkern im Vergleich zu den
Kontrollvölkern festgestellt werden. Dies könnte auf die gesteigerte
Schwarmneigung (vgl. [4]) oder/und auf die thermische Einwirkung des
Senders (wie in ii.) zurückgeführt werden, da die Varroa-Milbe eine
deutlich geringere Hitzetoleranz besitzt als die Bienenlarve (vgl. [12],
S. 448). Diese Beobachtungen wurden in der Vergangenheit immer wieder
positiv diskutiert, was zu der Empfehlung führte, die Bekämpfung des
Varroa-Befalls u.a. durch eine Wärmebehandlung vorzunehmen (vgl. [2],
[3], [5], [11], [12]). |
Zusammenfassung und Folgerungen
Die
Beobachtungen der Studie lassen keine schädigende Einwirkung eines
frequenzmodulier-ten HF-Signals mit einer Sendefrequenz f = 27 MHz und einer
Sendeleistung P = 4 W auf die beiden Versuchsbienenvölker erkennen. Dagegen
wurden Einwirkungen beobachtet, die das Bienenleben fördern, wie z.B. ein
geringerer Varroa-Befall, erhöhte Agilität, jedoch keine erhöhte
Aggressivität. Letzteres steht im Gegensatz zu den Beobachtungen im
niederfrequenten elektromagnetischen Feld, die überwiegend von erhöhter
Volksaggressivität berichten.
Auch eine
fehlende Wintertraubenbildung sowie ein erhöhter Schwarmtrieb hatten keine
negative Beeinträchtigung der Völker zur Folge, obwohl gerade in der
Literatur ein Mangel an Wintertraubenbildung mit einer Volksschädigung in
Verbindung gebracht wird (vgl. [1], S. 72).
Alle
Beobachtungen sind auf die aus der großen Strahlungsleistung resultierenden
thermischen Einwirkung zurückzuführen, die die Volktemperatur im
Winter im Mittel um ca. 4 °C, im Sommer im Mittel um etwa 3 °C erhöht. Die
wissenschaftliche Diskussion (vgl. [2], [3], [5], [11], [12]) lässt
vermuten, dass diese Erwärmung zu dem beobachteten, im Vergleich zu den
Kontrollvölkern deutlich geringeren Varroa-Befall der Versuchsvölker führt.
Denn durch die im Vergleich zur Biene geringere Temperaturtoleranz der
Varroamilbe könnte eine kontinuierliche Volkserwärmung um etwa 3 °C im
Sommer und ungefähr 4 °C im Winter eine Varroa-Schädigung bzw. -Abtötung
bewirken. Die Biene dagegen bleibt unbeschädigt.
Somit wäre als
Nebeneffekt dieser Studie eine relativ einfache Methode gefunden worden, mit
der durch die thermische Einwirkung infolge der Bestrahlung mit einem
HF-Sender eine Thermobehandlung zur Bekämpfung der Varroatose möglich
erscheint.
Aus dem
eingangs erwähnten Vergleich zwischen Biene und Mensch ergibt sich, dass
durch eine solche thermische Einwirkung das Thermoregulationssystem des
Menschen ähnlich wie bei den Bienenvölkern bei Bestrahlung mit diesem Signal
aktiviert werden würde, was zu einem erhöhten, durch Strahlungsabsorption
bedingten Wärmeempfinden führen würde. Allerdings darf ein Mensch in
öffentlich begehbaren Bereichen infolge geltender Gesetzesverordnung (26.
BImSchG) einer solchen Strahlungsbelastung nicht ausgesetzt werden.
Ausblick und mögliche Forschungstendenzen
Da die o. g.
thermische Einwirkungen gut erklärbar und berechenbar sind, besteht in
diesem Bereich auch wenig Forschungsbedarf. Statt dessen werden aus guten
Gründen nicht-thermische Einwirkungen hochfrequenter Strahlung auf den
Menschen diskutiert, die z.B. durch resonante Erregung entstehen könnten.
Dabei sind die Einwirkmechanismen jedoch noch recht unklar. Diese Effekte
werden im Zuge der zunehmenden Mobilfunkgeräte v.a. im Bereich der
Handy-Nutzung erörtert.
|
Anm. 5:
Im Mobilfunkbereich hat
sich u. a. infolge der raschen Entwicklung preiswerter, kompakter und
leichter mobiler Handgeräte das GSM ("global system for mobile
communication")-Funksystem durchgesetzt. Dieses System arbeitet mit
einer mit 217 Hz gepulsten HF-Strahlung in den Frequenzbereichen 890 -
960 MHz (GSM 900) und 1760 - 1865 MHz (GSM 1800). Da der GSM-Standard
im wesentlichen für eine mobile Sprachtelefonie mit einer
Übertragungsrate von zur Zeit 9,6 kbit/s ausgelegt ist, musste ein
neues Verfahren entwickelt werden, mit dem größere Datenmengen
übertragen werden können. Daraus resultierte das UMTS ("universal
mobile tele-communication system"), das mit einem kontinuierlichen
HF-Signal in den Frequenzbereichen 1885 - 2010 MHz und 2110 - 2200 MHz
arbeitet. Für alle drei Frequenzbereiche stellt die Biene mit
Abmessungen zwischen 1 und 2 cm ein resonanzfähiges Gebilde dar. |
Dabei ist es
jedoch sehr schwierig, durch Studien am menschlichen Gehirn, das dieser
Strahlung am intensivsten ausgesetzt ist, signifikante Effekte zu
untersuchen. Man bräuchte einen Bioindikator, dessen Gehirnstruktur der des
menschlichen Gehirns sehr ähnlich ist und dessen körperliche Ausmaße im
Bereich einer resonanten Erregbarkeit bei Mobilfunkfrequenzen (Anm. 5)
liegt. Bienen erfüllen beide Anforderungen: Sie können uns Menschen daher in
diesem Problemkomplex als wichtige Diagnose-Sensoren dienlich sein. Die
Ergebnisse sind aber auch für Lebensweise und Verhalten der Bienen selbst
ggf. von existentieller Bedeutung. Was das zuletzt Gesagte mit Blick auf die
möglicherweise hochbrisanten Einwirkungen der von Mobilfunkgeraäten
ausgehenden HF-Strahlung auf lebende Organismen betrifft, so ist die Biene
als Bioindikator zweifach interessant:
| 1. |
Die ähnliche Gehirnstruktur
erlaubt eine einfachere Übertragung der Ergebnisse auf die Vorgänge beim
Menschen, und |
| 2. |
es könnten nicht-thermische
Wirkungen untersucht werden, für die noch keine Einwirkmechanismen
bekannt sind. |
Demnach sind
Untersuchungen an Bienen im GSM- und UMTS-Frequenzbereich neben der
speziesimmanenten Beeinflussung von Bienen auch für die Einwirkung dieser
Felder auf den Menschen unerlässlich. Deshalb sollten zukünftig vermehrt
Studien im Mobilfunkbereich initiiert werden, die Bienen als Bioindikatoren
und als Probant zum Gegenstand haben. Nur so können die noch offenen Fragen
nach möglichen nicht-thermischen Einwirkungen durch HF-Strahlung geklärt
werden.
Zusammenfassend
lässt sich also feststellen: Die Biene scheint durch thermische Einwirkungen
hochfrequenter elektromagnetischer Felder mit der untersuchten Frequenz von
f = 27 MHz nicht gefährdet zu sein. Der Einfluss dieser Strahlung könnte
sogar als ein sehr probates Mittel gegen die Varroatose fungieren. Ob die
Biene durch nicht-thermische HF-Strahlung gefährdet ist, ist heute noch
offen. Diese Fragestellung ist günstigerweise im Zusammenhang mit der
Untersuchung einer möglicherweise schädigenden Einwirkung dieser Strahlung
auf den Menschen anzugehen, da die Biene durch strukturelle Ähnlichkeiten im
Gehirn einen vielversprechenden Bioindikator darstellt.
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